Das Sommer- und Winterspiel
(1834)


Johann Matthias Ranftl (*1804, †1854)

Landessammlungen Niederösterreich

Die Darstellung des Sommer- und Winterspiels ist ein Zeugnis vergangenen bäuerlichen Brauchtums in Niederösterreich. Im Sommer- und Winterspiel wurde der "Winter" als Allegorie des Todes im Streitgespräch durch den personifizierten "Sommer" besiegt und vertrieben. Dieser Wettstreit fand in Niederösterreich immer am Faschingsdienstag statt und wurde durch verkleidet von Haus zu Haus ziehende Kinder ausgetragen. Letzte Belege für dieses Spiel finden sich in Niederösterreich um die Mitte des 19. Jahrhunderts.
Ranftls Gemälde von 1834 zeigt die beschriebene Szene zwischen "Sommer" und "Winter" inmitten einer Bauernstube. Einer der Akteure ist ein blonder Knabe in kurzen Hosen und aufgemaltem Bärtchen. Er ist aufgrund des umgebundenen Leintuchs, der Ährenkrone und des Buchsbaumbesens, der vermutlich zum "Auskehren" des Kontrahenten dienen soll, unschwer als "Sommer" zu erkennen. Der "Winter" ist, eingebunden in immergrünes Laub und Föhrenreisig, mit geschwärztem Gesicht und drohend erhobener zweizinkiger Heugabel dargestellt. Die beiden überraschen eine in der Stube versammelte bäuerliche Familie bei der Arbeit. Die Situation gerät allerdings außer Kontrolle, als ein Ziegenbock durch die offene Türe ins Stubeninnere vordringt und die Aufmerksamkeit von zwei Hunden auf sich zieht.
Ranftl schuf dieses Meisterwerk biedermeierlicher Situationskomik im Alter von erst dreißig Jahren. Er hielt nur einen flüchtigen Augenblick fest, dies jedoch am Höhepunkt des Geschehens. Ranftl widmete sich in seiner späteren Schaffenszeit vor allem der Darstellung sozialkritischer Themen. In zahlreichen Gemälden wies er insbesondere auf das Elend vieler Wiener Proletarierkinder und Waisen hin, die ihren Lebensunterhalt oft selbst zu bestreiten hatten.
(Quelle: W. Krug, in: Waldmüller bis Schiele, Meisterwerke aus dem NÖ Landesmuseum, 2002, S. 60)