Hirtenknabe mit Stock und Hut
(~1825 bis ~1830)


Friedrich Gauermann (*1807, †1862)

Landessammlungen Niederösterreich

Mehr als hundert Figurenstudien in Öl listet der Katalog der Nachlassauktion Friedrich Gauermanns auf, darunter Brustbilder, ganzfigurige Studien in stehender, sitzender und liegender Haltung sowie Trachtenstudien. Auffällig ist dabei, dass viele dieser Studien die Dargestellten von hinten, von der Seite oder mit abgewandtem Gesicht wiedergeben. In anderen Fällen wurde das Gesicht einfach durch einen Hut oder ein Tuch verdeckt. Gauermann scheint ganz bewusst die Gesichter der Modelle weggelassen zu haben, einerseits um so die Bedeutung der Tracht zu heben, andererseits um sie als Vorlagen besser austauschbar zu machen. Trachtenstudien fertigte Gauermann in der Steiermark, in Berchtesgaden, im Zillertal, in Meran, im Pinzgau und in Tirol an, einige Studien stammen aus Chioggia und Venedig. Den Großteil machen jedoch Studien aus Miesenbach aus.
Diese Ölstudie zeigt einen Miesenbacher Hirtenknaben, in diesem Fall sogar mit einem besonders fein ausgeführten Gesicht. Ausgerüstet mit einem Stock und bekleidet mit kurzer Jacke, Hemd und blauem Halstuch, knielanger Lederhose, breitkrempigem Hut und offensichtlich zu großen Schaftstiefeln. Sehr schön wurde von Gauermann die Beleuchtungssituation wiedergegeben. Das von rechts einfallende Sonnenlicht lässt das von der Hutkrempe nicht beschattete blonde Haar des Knaben hell erstrahlen. Gauermann stellte die Figur auf dem Malgrund ganz frei dar. Erst die teilweise färbige Einfassung, in Blaugrün- und Ocker-Tönen, schuf gewissermaßen einen Hintergrund, das heißt einen räumlichen Zusammenhang, wofür auch die Wiedergabe von Schlagschatten wesentlich war, die die Figurenstudie gleichsam "am Boden verankerten".  
(Quelle: W. Krug, Friedrich Gauermann 1807-1862, 2001, S. 78)