Johann Nepomuk Reithoffer


*13.4.1781 bis †6.5.1872

Biographie

Der Fabrikant und Erfinder Johann Nepomuk Reithoffer begründete mit der Gummiwarenfabrik in Wimpassing - später Semperit-Werke - die Kautschukindustrie in Österreich. Als gelernter Schneider ist er ein Beispiel für die Möglichkeiten des Erfolgs, die die Industrielle Revolution in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffnen konnte.

Er wurde in Feldsberg/Valtice in Mähren geboren, erlernte bei seinem Vater das Schneiderhandwerk und ging auf Wanderschaft. Im Paris der Französischen Revolution lebte er ärmlich, besuchte aber an der Sorbonne Vorlesungen über Chemie. Nach seiner Rückkehr erwarb er sich als Schneidergeselle in Nikolsburg einiges Ansehen, wohl auch durch seine französischen Sprachkenntnisse. Die stattliche Mitgift seiner Frau ermöglichte es ihm, sich 1807 selbstständig zu machen. Reithoffer schlug neue Wege der Vermarktung seiner Produkte ein. So installierte er in seiner Werkstatt ein Schaufenster, in das er eine lebensgroße Puppe stellte, die seine Erzeugnisse trug. Er beschäftigte sich damit, Stoffe wasserundurchlässig zu machen, und erhielt 1824 das Privileg zur Herstellung wasserdichter Stoffe bzw. "Wolltücher zu Kleidern wasserdicht zu machen". Wegen des Boykotts seiner Zunftgenossen übersiedelte er in die Wiener Vorstadt Rossau (heute 2. Wiener Gemeindebezirk).

Reithoffer beschäftigte sich mit Kautschuk und erhielt 1828 das Patent für das maschinelle Weben von Kautschukfäden. Nach mühevoller Arbeit gelang es ihm schließlich, die Elastizität der Kautschukfäden so weit zu vermindern, dass sie gewebt werden konnten, und ihnen danach ihre Spannkraft wieder zurückzugeben. Das Privileg von 1831 zur alleinigen Verarbeitung für 15 Jahre war die Geburtsstunde der Kautschukweberei und damit der Gummiindustrie. Er kaufte in Wimpassing im Schwarzatal ein billiges Grundstück, wo er die erste Fabrik zur Herstellung gummiartiger Gewebe auf dem Kontinent gründete. 1843 beschäftigte er 140 Arbeiter und 70 Meister und erzeugte bereits etwa 60.000 Hosenträger, 6.000 Paar wasserdichte Schuhe, 20.000 Bandagen und 4.000 Mieder. Zur Förderung des Absatzes gründete er ein Verkaufsgeschäft in der Wiener Innenstadt und erhielt 1845 auf der Industrieausstellung die Große Goldene Medaille.

Der Aufschwung der Kautschukindustrie in Europa und in den USA machte eine Vergrößerung des Betriebs notwendig, um konkurrenzfähig zu bleiben. 1853 übergab er die Leitung der Firma seinen Söhnen Eduard, Ludwig, Rudolf und Moritz, die das vom Amerikaner Goodyear erfundene Vulkanisieren übernahmen und das Lebenswerk ihres Vaters erfolgreich weiterführten.Beim Tod Johann Reithoffers beschäftigte das Unternehmen 800 Arbeiter, verfügte über drei Dampfmaschinen mit insgesamt 120 PS und eine gleich starke Wasserkraftanlage. Er starb im Jahr 1872, im selben Jahr wie sein ebenso erfolgreicher Zeitgenosse, der Hammerherr Andreas Töpper, Gründer des großen Eisen- und Walzwerks im Erlauftal.