Helene Kottannerin


*~1400 bis †~1475

Biographie

Helene Kottanners Aufzeichnungen - ihre "Denkwürdigkeiten" - über ihren abenteuerlichen Raub der Stephanskrone aus den schwer bewachten Gewölben der Plintenburg (Visegrád) sind ein außergewöhnliches Zeugnis mittelalterlicher Geschichtsschreibung und die ältesten deutschsprachigen Frauenmemoiren. Spannend und detailreich erzählt sie vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen um die ungarische Thronfolge von der Geburt und den ersten Lebensmonaten des Ladislaus Postumus, als nachgeborener Sohn König Albrechts II. (Herzog Albrecht V.) dessen Erbe im Herzogtum Österreich (Ober- und Niederösterreich).

Helene Kottanner bzw. Kottannerin wurde um 1400 als Tochter des Kleinadeligen Peter Wolfram in der Umgebung von Ödenburg (Sopron) geboren. In erster Ehe war sie mit dem langjährigen Bürgermeister von Ödenburg Peter Sékeles verheiratet. Nach dessen Tod vermählte sie sich 1432 mit dem Wiener Bürger Johann Kottanner, Kammerherr des Wiener Dompropstes. Aus erster Ehe hatte sie einen Sohn, in der zweiten Ehe gebar sie mehrere Kinder, von denen die Tochter Katharina in den "Denkwürdigkeiten" erwähnt wird. Seit 1436 war sie am Hof Herzog Albrechts V. (seit 1438 König Albrecht II. sowie König von Ungarn und Böhmen) und seiner Gemahlin Elisabeth und erzog deren 1436 geborene Tochter Elisabeth.

1439 reiste sie im königlichen Gefolge mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter Katharina nach Ungarn, wo sie nach dem unerwarteten Tod Albrechts im Oktober des Jahres die Auseinandersetzungen um die Thronfolge miterlebte. Während die schwangere Königinwitwe auf einen Erben hoffte, entschied sich die Mehrheit der ungarischen Adeligen für den jungen Polenkönig Waldislaw. Zur Sicherung der Thronfolge ihres ungeborenen Kindes beauftragte die Königin Helene Kottanner mit dem Raub der in der Plintenburg verwahrten Stephanskrone, der Krönungsinsignie der ungarischen Könige, den sie in der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 1440 mit Hilfe eines ungarischen Adeligen erfolgreich durchführte. Sie brachte die Krone über die zugefrorene Donau in das 70 Kilometer entfernte Komorn, wo kurz nach ihrem Eintreffen in ihrem Beisein Ladislaus zur Welt kam (22. Februar). Sie betreute ihn in seinen ersten Monaten und trug ihn auch bei seiner Krönung am 15. Mai 1440 in Stuhlweißenburg (Székesfehérvár). Auf der Flucht vor dem Gegenkönig wurde Ladislaus mit der Krone zu König Friedrich III. in Sicherheit gebracht.

Helene Kottanner kehrte vermutlich nach dem Tod Königin Elisabeths (1442) nach Wien zurück. 1452 erhielt das Ehepaar für die Verdienste um Königin Elisabeth und König Ladislaus das zur Pressburger Burg gehörige Gut Kisfalud vom damaligen Gubernator János Hunyadi geschenkt. Diese Schenkung wurde von König Matthias Corvinus 1466 und 1470 bestätigt. Helene Kottanner starb in den folgenden Jahren zwischen 1470 und 1477.