Ertl


Gemeinde Ertl

Ortsgeschichte

Im hügeligen Voralpenland westlich der Stadt Waidhofen an der Ybbs liegt das Gemeindegebiet von Ertl. Zu Ende des 19. Jahrhunderts entstand im Streusiedlungsgebiet am Zusammenfluss von Url und Kohlenbach rund um das Einzelgehöft Ertl der gleichnamige Ort.

Eine Besiedlung erfolgte bereits, wie Funde belegen, in der ausgehenden Jungsteinzeit. Im Gipfelbereich des Hausnerkogels finden sich Reste einer Hausberganlage, für deren Errichtung das Gelände künstlich überformt wurde. Im Mittelalter wurde hier die Burg Hertwigstein errichtet. Namensgebend war Hartwich I. von Lengenbach (gest. 1145) oder Hartwich II. (gest. 1197). Die Burg wurde bald aufgegeben, denn das Babenbergerurbar bezeichnet sie 1236 bereits als desolatum. Der letzte Vertreter des Geschlechtes der Lengenbachs starb kinderlos. Er vermachte seinen Besitz dem Stift Admont. 1298 verpfändete Herzog Albrecht I. die Liegenschaften, die das Stift Admont in der Region erworben hatte, an das Bistum Freising. 1330 gelangte das Gebiet wieder in landesfürstlichen Besitz und wurde von St. Peter in der Au aus verwaltet. Die Gegend blieb dünn besiedelt. Während des Niederösterreichischen Bauernaufstandes 1596/97 war das obere Urltal ein Sammelpunkt der aufständischen Bauern. Der Mangel an Holzkohle für die eisenverarbeitenden Gewerken in den Eisenwurzen führten Mitte des 18. Jahrhunderts zum Beginn des Steinkohleabbaus in und um Großau. Die größte Fördermenge erzielte man Mitte des 19. Jahrhunderts mit über 60.000 Zentner jährlich, die in sechs Flötzen abgebaut wurden. 1949 musste der Abbau wegen Unrentabilität eingestellt werden. 

In seiner Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens beschrieb Schweickhardt Ertl als eine Rotte von 28 Häusern, in der 26 Familien lebten. Die Einwohner waren Waldbauern, die vom Ertrag der Wälder, der Viehzucht und vom Feld- und etwas Obstbau lebten. Der Viehstand belief sich um 1838 auf 2 Pferde, 48 Ochsen, 55 Kühe, 12 Ziegen, 162 Schafen und 51 Schweinen. An Gewerben war nur ein Weber vertreten. Nach Einführung der Schulpflicht unter Maria Theresia mussten die Kinder die Schule in St. Michael in Bruckbach besuchen. 1829 richtete man in Tiefenbach in einem Bauernhof einen Schulraum ein; 1876 wurde sie nach Ertl verlegt.

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Ertl keine Kirche. Die Gläubigen gehörten der Pfarre St. Peter in der Au an. 1901–1914 errichtete man nach Plänen von Franz Pichlwanger einen Kirchenbau. Die der Hl. Familie geweihte Kirche, ein Bau im neogotischen Stil, besitzt eine einheitliche neugotischen Einrichtung. Die Altäre stammen aus der Werkstatt Ludwig Linzingers in Linz. 1921 beschloss der Landtag mit Gesetz vom 21. Dezember 1921 die Gründung der Gemeinde Ertl, die aus Teilen der Gemeinden St. Peter in der Au-Dorf, St. Michael am Bruckbach, Kürnberg und Waidhofen-Land gebildet wurde. Am 30. Juli 1922 fand die erste Gemeinderatssitzung statt. 1930 erfolgte die Erhebung zur selbständigen Pfarre.  

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man den Ausbau der Infrastruktur in Angriff. 1951 wurde mit der NEWAG ein Liefervertrag geschlossen. Am 19. Oktober 1952 konnte man schon das Lichtfest feiern: Ein Teil der Gemeinde war an das Stromnetz angeschlossen. 1962 errichtete man das Gemeindehaus, 1970–72 eine neue Volks- und Hauptschule. Die alte Schule wurde 2000 zum Mehrzweckhaus Ertl um- und ausgebaut. Sie beherbergt heute das Musik-, Jugend- und Pfarrheim. Mit Bescheid vom 3. März 1992 verlieh die niederösterreichische Landesregierung der Gemeinde ein Wappen: Ein geteilter Schild, oben in Silber ein wachsender roter Löwe, der in seiner rechten Pranke einen belaubten grünen Zweig hält, unten von Blau und Gold geschacht. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarben Blau-Gelb-Rot wurden genehmigt. Der geschachte Teil des Schildes erinnert an Otto von Erl, Lehensmann der Stifte Seitenstetten und Admont, der 1290 bis 1306 in der Gegend ansässig war. Der Löwe ist dem Wappen der Familie Ségur-Cabanac entnommen, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts Inhaber des Gutes St. Peter in der Au war. Sie erwarb sich große Verdienste um die Gründung der Gemeinde Ertl, förderten den Kirchenbau und schenkte der Gemeinde das Quellgebiet für die Ortswasserversorgung.