Lahnsattel


Gemeinde Sankt Aegyd am Neuwalde

Ortsgeschichte

Bis ins letzte Viertel des 18. Jahrhunderts hinein bedeckten weite Urwälder die Gegend südlich des Göllers und des Gippels. In älteren Urkunden und Verträgen wurde die Gegend mit Terzwald, Terzer Sattel oder Neuwaldhöhe bezeichnet.

Die Geschichte der Erschließung begann 1776. In diesem Jahr verkaufte Josef Giegl sein Schwemmprivileg für die Trift auf der Erlauf an Joseph von Tobenz. Da dessen Recht auf Schlägerungen rund um den Ötscher in zwei Jahren auslaufen sollte, erwarb Tobenz auch die Schwemmrechte auf der Walster- und Salzatrift. Am 2. Juli 1783 schloss Tobenz mit Johann Philipp Graf von Hoyos einen Holzlieferungsvertrag ab, der die Nutzung des Waldgebietes um den heutigen Lahnsattel ermöglichte. Ein Vertrag von 1799 dehnte das Gebiet auf den Neuwald an den Avhägen des Gippels aus. Joseph von Tobenz holte zunächst evangelische Holzknechte aus dem Ötschergebiet, die einst aus der Gosau gekommen waren. Sie ließen sich zunächst in Terz und Lahnsattel nieder, der zu dieser Zeit noch Terzer Sattel oder Neuwaldhöhe genannt wurde.   

1828 zählte die evangelische Predigtstation hier 112 Seelen. Sie gehörte bis 1922 zur evangelischen Kirchengemeinde Mitterbach. Die Abholzung der Latschenbestände auf der südlichen Flank des Göllers führte in der Folge zu schweren Lawinenabgängen. Am 17. Jänner 1844 verschüttete eine Staublawine um 11 Uhr zwei Keuschen mit elf Personen, darunter sieben Kindern, nur eine Frau konnte drei Tage später lebend geborgen werden. Am 17. Jänner 1878 ging an derselben Stelle – am Mitterriegel des Göllers - eine gewaltige Naßlawine ab, in der 13 Menschen den Tod fanden, die gerade auf dem Weg zu einem Begräbnis waren. Die letzte Verschüttete – ein 11jähriges Mädchen - barg man erst im August desselben Jahres. Die ständig drohende Lawinengefahr prägte in der Folge für die Sattelhöhe und die Ortschaft den Namen Lahnsattel (Lahn = Lawine).

Die letzte, Menschenleben im Siedlungsgebiet fordernde Lahn ging am 2. Februar 1923 nieder. Sie nahm ihren Weg durch den Lahngraben und teilte sich dann im Ort. Sie forderte zwei Todesopfer. Der Lawinensturz mit etwa 2 Millionen Raummeter bewegtem Schnee gilt als eine der größten jemals abgegangenen Grundlawinen in den Alpen.

Wie in allen abgelegenen Regionen stellte sich auch in Lahnsattel das Problem des Schulbesuches. Die erste schulartige Einrichtung bestand aus einem einzigen Zimmer. Zum Unterricht wurde der Mitterbacher Lehrer Anton Pehofer verpflichtet, der ab 1788 an den auswärtigen Religionsstationen Unterricht abzuhalten hatte. In Mitterbach unterrichtete er in den Monaten November, Dezember und Jänner, in Neuhaus März und April, in Lackenhof Mai und Juni, in Terz Juli und August sowie in Ulreichsberg September und Oktober. Durch Jahrzehnte bemühten sich die Lahnsattler um die Umwandlung ihrer Winkelschule zu einer von den staatlichen Behörden anerkannten Schule. Mit 14. September 1867 ist die Stiftungsurkunde für eine Evangelische Filialschule zu Lahnsattel datiert, die die Anstellung eines qualifizierten Lehrers sichern sollte: Jeder Hausvater hatte monatlich einen halben Gulden zur Besoldung des Lehrers zu entrichten. 1870 konnte ein gemauertes Schulhaus bezogen werde, in dem auch Gottesdienste abgehalten wurden. 1878 erhielt die Schule das Öffentlichkeitsrecht. Ab 1898 bekamen die Schulen in Lahnsattel und Ulreichsberg eine Landessubvention von je 100 Kronen. 1893 gründete man in Lahnsattel ein Schülerasyl, um den Kindern den weiten Schulweg, der oft bis zu 14 km (einfache Strecke) betrug, zu ersparen. Zunächst in einer leerstehenden Keusche untergebracht, konnte man dank zahlreicher Spenden einen Neubau errichten, der 1895 eröffnet wurde. 1918 wurde es aufgelassen, und das Gebäude an den Konsumverein verpachtet. Bis 1938 wurde die Schule als Privatschule geführt.

Auf die Initiativen des in Ulreichsberg geborenen Lehrers Franz Wallner (1842–1911) gingen nicht nur der Schulneubau und das Schülerheim zurück, ihm verdankte der Ort auch seinen Friedhof. Bis 1879 wurden die Toten in Mitterbach bestattet – das bedeutete einen fünfstündigen, im Winter gefährlichen Weg. Der neu errichtete Friedhof wurde zur letzten Ruhestätte für die Bewohner von Lahnsattel und Neuwald.  

1965 wurde die Volksschule geschlossen. 1980 wurde in dem Gebäude ein Kulturheim eingerichtet.