Markt Piesting


Gemeinde Markt Piesting

Ortsgeschichte

Am Eingang zum Piestingtal liegt der Markt Piesting. Namensgebend für die Ansiedlung war der Fluss, der hier die nördlichen Kalkalpen verlässt und in das Steinfeld tritt. Der Name wurzelt im slawischen Wort pěsek (=Sand). Diesen „Bach mit viel Geröll und Schotter“ schuf die Urpiesting, die mit ihrem Geröll die Hochfläche des Hasenberges und des Hart zunächst aufschüttete, um sich später darin einzugraben.  

Seit alters her war die Piesting ein Grenzfluss. Sie trennte die Herrschaftsgebiete Hernstein im Norden und Starhemberg mit Dreistetten im Süden. Lange Zeit bildete sie auch die Grenze zwischen der Ostmarkt und der Steiermark sowie zwischen den Bistümern Salzburg und Passau. Die erste urkundliche Erwähnung finden wir im Jahr 1020: Kaiser Heinrich III. schenkte in diesem Jahr dem oberbayrischen Kloster Tegernsee fünf Königshuben zwischen den Flüssen Piesting (fluviolos ... Pistnicha) und Triesting. Der steirische Markgraf Ottokar V. ließ 1146 die Burg Starhemberg errichten. Am Fuße des Burgberges entstand eine Ansiedlung: Tragebotinsteten (Dreistetten), benannt nach ihrem Gründer Trageboto. Durch einen Erbvertrag kam die Burg 1192 in den Besitz der Babenberger. In der als uneinnehmbar geltenden Burg bewahrte Herzog Friedrich II., der Streitbare den Babenbergerschatz auf und nützte sie als Residenz. Nach seinem Tod übernahm sie der Deutsche Ritterorden und verwahrte in ihren Mauern das Familienarchiv und den Hausschatz der Babenberger.     

Schon vor 1365 muss Piesting das Marktrecht erhalten haben. Eine Kirche in Piesting wird bereits für 1350 erwähnt, 1409 dürfte es zur Pfarrgründung (St. Leonhard) gekommen sein. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen mit Matthias Corvinus wurde Piesting niedergebrannt. Kaiser Friedrich III. erneuerte 1480 die alten Marktrechte und setzte sich für einen Wiederaufbau des Marktes ein. Die nächsten Rückschläge erfuhr der Markt durch die Einfälle osmanischer Streitscharen in den Jahren 1529 und 1532. Nur die Burg Starhemberg bot für die Bevölkerung eine sichere Zuflucht. Zum Dank und als Anerkennung für den geleisteten Widerstand in diesen Kriegstagen verlieh König Ferdinand I. dem Markt ein Wappen: die sich zu der Zeit, als der Erbfeind unseres christlichen Namens und Glaubens, der Tür, unsere niederösterreichische Landschaft mit gewaltigem Heer überzogen hat, als aufrichtig, beständig und wohlgehalten. Das Wappen zeigt in einem blauen Schild einen silbernen Turm, mit fünf Zinnen bekrönt. Aus den Fenstern unterhalb der Zinnen schlagen Feuerflammen. Zu Seiten des Turmes befindet sich je ein bloßer silberner Türkensäbel. Während des zweiten osmanischen Einfalls 1683 bot die Burg Starhemberg wiederum der Bevölkerung Zuflucht; an die 11.000 Menschen sollen sich in ihr aufgehalten haben. Wieder wurde der Markt Piesting niedergebrannt.

Wirtschaftlichen Aufschwung brachten in der Folge die Nagelschmiedwerkstätten. Eine erste Fabrik entstand 1775: Joseph Kupelwieser erwarb den „Hammer am Kasten“ und ließ diesen zu einer Blechgeschirrfabrik ausbauen. Ein Nachbesitzer – Johann Nepomuk Müller – stellte die Produktion auf Stahl- und Kleineisenwaren um. Georg Conradi baute die „Piestinger Stahl- und Eisenwerke“ 1832 in eine Baumwollspinnerei um. Die „Minathaler Baumwoll-Garn-Spinnerei bestand bis 1982. Nördlich der Piesting errichtete Johann Nepomuk Müller 1824 eine Brauerei, die bis 2005 bestand. Ein weiterer wichtiger Erwerbszweig war die Pecherei. Um 1800 entstanden Pechsiedereien, wo das Harz der „neuaufgekommenen“ Schwarzföhren verarbeitet wurde. Aus dem Harz wurden Terpentin und Kolophonium gewonnen. 1908 gründeten Franz Grill und Rudolf Sieder die Landwirtschaftliche Genossenschaft zur Verwertung der Harzprodukte, die 1914 eine eigene Fabrik errichtete. Um 1934 stellte diese etwa 80% der österreichischen Harzverarbeitung; Piesting hatte gleichsam das Harzmonopol inne. Bis etwa 1972 produzierte dieser Zweig.

Ein wichtiger Schritt in der verkehrstechnischen Erschließung der Region war die Einrichtung eines Stellwagenverkehrs zwischen Felixdorf und Gutenstein, der einen Zubringer zur Südbahn darstellte. 1877 wurde die Eisenbahnlinie Leobersdorf–Gutenstein errichtet. Im Lauf des 20. Jahrhunderts fanden umfassende Neuerungen statt: 1929 wurde das Waldbad errichtet; die Piesting wurde reguliert und sieben neue Brücken gebaut. Auf Beschluss des NÖ Landtages wurden 1975 Markt Piesting und Dreistetten zusammengelegt. 1977 entstand eine Ortswasserleitung, die den Ort mit Wasser aus der Ersten Wiener Hochquellenwasserleitung versorgt.

Der wohl berühmteste Sohn der Gemeinde ist der Kirchen- und Historienmaler Leopold Kupelwieser (1796-1862), der in Markt Piesting geboren wurde.