Rafingsberg (Maria Rafings)


Gemeinde Windigsteig

Ortsgeschichte

Auf einer Anhöhe südlich von Rafings liegt der kleine Kirchweiler Rafingsberg, früher auch Maria Rafing genannt. Seine Geschichte ist eng mit der des Ortes Rafings verbunden. Aus dem Jahr 1455 stammt die erste urkundliche Nachricht über die kleine Kapelle, die Waidhofener Bürger auf dem Rafingsberg errichtet hatten: Am 29. Dezember 1455 verlieh der spanische Kardinal Joannes de Carvaial (Juan Carvajal), der in diesen Jahren als päpstlicher Diplomat im Heiligen Römischen Reich unterwegs war, den Besucher:innen der capella beate Marie virginis, noviter edificata (der neu errichteten Kapelle zur hl. Jungfrau Maria) 100 Tage Ablass. Sie hatten dafür zu beichten, zu kommunizieren und einen Geldbetrag für die Erhaltung der Kapelle zu spenden. Die Kapelle unterstand der Pfarre Windigsteig, einer Pfarre des Zisterzienserstiftes Zwettl.

Während der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Kaiser Friedrich III. und seinem Bruder Herzog Albrecht dürfte die Kapelle zerstört worden sein. Reiche Zuwendungen an die Kapelle ermöglichten einen Wiederaufbau. 1494 beurkundete der Passauer Weihbischof, dass er in der Filialkirche (sic!) Unser Frau zu Rafings das Langhaus mit zwei Altären, geweiht den Heiligen Wolfgang und Leopold, konsekriert habe. Am 7. Mai 1500 erfolgten weitere Altarweihen, darunter die des Hochaltares. Weitere Ablässe wurden in Rom ausgestellt. Maria Rafing wurde um 1500 zur bedeutendsten Wallfahrt des Waldviertels. Pilger:innen kamen aus Niederösterreich, Böhmen und Mähren. Als Andenken erhielten sie seit 1502 mit bischöflicher Erlaubnis signa plumbea (Gedenkmünzen aus Blei). Die Kultbilder waren ein Tafelbild mit der Darstellung Mariens, die von sieben Schwertern durchbohrt wird, Anfang 16. Jahrhundert entstanden, und eine thronende Madonna mit dem Jesuskind (um 1510). Seit 1512 gab es an der Kapelle die „Bruderschaft von den Sieben Schmerzen Mariens“, die im Chor über einen eigenen Altar verfügte. Die Zahl der Altäre war bis 1517 auf sieben angewachsen. 

Mit der Ausbreitung der Reformation bekannten sich auch die Vertreter der Herrschaft Meires, der Rafings unterstand, offen zum Protestantismus; sie bemächtigten sich der Schlüssel, die ankommenden Prozessionen standen vor verschlossenen Türen. Als der Streit um die Kirche zugunsten des Stiftes Zwettl entschieden wurde, störten sie die Gottesdienste. 1604 leistete der Herrschaftsinhaber Wolfhart Strein von Schwarzenau endgültig Verzicht auf die Kirche. Der reiche Zustrom an Pilger:innen nach Ende des Dreißigjährigen Krieges machte eine Vergrößerung des Baues notwendig. Am 28. Oktober 1670 wurde die neue Kirche geweiht: Sie besaß eine Doppelturmfassade und einen Dachreiter. An den wichtigen Wallfahrtstagen verrichteten bis zu 14 Beichtväter ihren Dienst. In den Jahren 1718 bis 1720 erhielt die Kirche einen neuen Hochaltar, einen Seitenaltar, eine Kanzel und 1738 eine Orgel. 

Die ab 1780 erlassenen josephinischen Reformen – u.a. Schließung von Filialkirchen, Verbot von Prozessionen etc. – setzten der Wallfahrt in Maria Rafing ein Ende. 1786 gestattete die niederösterreichische Regierung zwar das Offenhalten der Kirche in Rafings, das Gnadenbild musste allerdings in die Pfarrkirche in Windigsteig übertragen werden. 1788 wurde die Kirche endgültig gesperrt, 1790 der Auftrag zum Verkauf der Kirche erteilt. 1792 versuchte man mit einer Petition die Zerstörung der Kirche zu verhindern, scheiterte aber. Am 11. Juni 1792 erfolgte die Entweihung, die Kirche wurde um den Materialwert verkauft – mit dem Baumaterial errichtete man das Gasthaus Hofbauer (Haberl) in Waidhofen an der Thaya. Heute erinnern nur mehr Reste des gotischen Chores an den einst wichtigsten Wallfahrtsort im nördlichen Waldviertel.