Ybbs an der Donau


Gemeinde Ybbs an der Donau

Ortsgeschichte

Die alte Handelsstadt am Ausgang des von den Schiffern gefürchteten Strudengaus entstand am Kreuzungspunkt historisch bedeutender Handelsstraßen: der Reichs- bzw. Poststraße, Nachfolgerin der römischen Limesstraße (heute B1), der Salzstraße aus Gmunden und der Eisenstraße vom Erzberg. Über die alte Donauüberfuhr, die „Urfahr", waren sie mit den Handelswegen nach Böhmen verbunden. Als Maut-, Stapel- und Umschlagplatz erlebte Ybbs im Spätmittelalter seine große Blüte. Die Stadt war einer der bedeutendsten Donauhäfen und eine der drei landesfürstlichen Hauptmautstätten an der Donau.

Die historischen Anfänge von Ybbs reichen möglicherweise bis in die Römerzeit zurück. Auf Grund einer verschollenen Bauinschrift aus dem 4. Jahrhundert wird hier ein Lager (Adiuvense?) vermutet, das aber bislang archäologisch nicht nachgewiesen werden konnte. Vor der Jahrtausendwende, vermutlich bereits im 9. Jahrhundert, entstand im Bereich des heutigen Kirchenplatzes eine Burg-Kirchen-Anlage, die „Ybbsburg", die zum Ausgangspunkt der Ybbser Stadtentwicklung wurde. Die Burgsiedlung hatte wohl seit dem Frühmittelalter Marktfunktion. Möglicherweise ist mit der in der Raffelstetter Zollordnung (903-906) genannten Mautstelle Eperaespurch die Ybbsburg gemeint.

Die erste gesicherte urkundliche Nennung von Ybbs datiert in das Jahr 1058 anlässlich des Besuchs König Heinrichs IV., der in Ibese urkundete. Der wenig später (1073) genannte Name „Ybbsburg" war für Burg und Siedlung bis ins frühe 13. Jahrhundert gebräuchlich, danach wird sie Yps genannt. Das Gebiet war im 10. und 11. Jahrhundert im Besitz der Grafen von Sempt-Ebersberg (bis 1045) und wurde im 12. Jahrhundert unter den Babenbergern landesfürstlich (1145). Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts entstand zwischen der Donau und der halbkreisförmigen Befestigung mit Mauern, Türmen, Wassergraben und Wall die Altstadt, die besonders von den frühen Habsburgern gefördert wurde. 1274 wird Ybbs erstmals als landesfürstliche Maut genannt, zwei Jahre später als Stadt (civitas). In den Jahren 1311 bis 1317 erhielt sie von Friedrich dem Schönen umfangreiche Privilegien, darunter die Donauüberfuhr und die Hochgerichtsbarkeit, aus denen das Stadtrecht erwachsen ist. Später kamen das Stapelrecht (1377), das zollfreie Einfuhrrecht von Eisenwaren aus Waidhofen an der Ybbs und die Weinmaut (1480) dazu. Die Privilegien machten Ybbs zu einem der wichtigsten landesfürstlichen Donauhandelsplätze für Eisen, Wein und Salz und förderten die Entstehung der eisenverarbeitenden Gewerbe und der Tuchmacher. Für den Salzhandel wurde im 16. Jahrhundert ein Salzamtsgebäude errichtet.
 
Die alte Ybbsburg verlor im Spätmittelalter die Funktion als Burg und wurde verbaut. Erhalten blieb nur der im frühen 13. Jahrhundert (1220/1230) angebaute Palas an der Donaulände, der wegen seiner späteren Nutzung als Speicher des Bistums Passau so genannte „Passauer Kasten". Auf dem Areal der Ybbsburg entstand im 13. Jahrhundert die Pfarrkirche, die 1466 zur spätgotischen Staffelkirche ausgebaut wurde. Der Torturm der Ybbsburg wurde 1512 zum viereckigen Chor umgestaltet. Die in Resten erhaltene, ehemalige romanische Michaelskapelle (Barbarakapelle) neben der Kirche (Kirchenplatz Nr. 6) könnte ursprünglich die Burgkapelle gewesen sein.

Als Sitz der landesfürstlichen Pfleger wurde im 13./14. Jahrhundert die landesfürstliche Burg auf dem Burgplatz errichtet. Im Spätmittelalter besaß Ybbs insgesamt drei Stadtburgen (Burgplatz, Kirchengasse 12/14, Wiener Straße 10), zudem befanden sich in der Stadt die Höfe der Passauer und Freisinger Bischöfe sowie der Klöster Gaming und St. Nikolai. Seit 1396 ist eine jüdische Gemeinde urkundlich nachgewiesen. Außerhalb der Stadtmauer lagen das Zisterzienserinnenkloster und das Bürgerspital, die von Adelheid Gottschalk 1291 und 1305 gestiftet wurden.

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erlebte die Stadt mehrmalige Belagerungen (1466-1532) sowie Hochwasserkatastrophen mit schweren Schäden an den Stadttoren, Mauern und der landesfürstlichen Burg. 1494 schenkte Kaiser Maximilian I. die Burg der Stadt, die sie in der Folgezeit als Schule und Speicher nutzte. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde an ihrer Stelle das ehemalige Schloss errichtet, in dem heute die Schule des Therapiezentrums Ybbs untergebracht ist.

In der Reformationszeit war Ybbs ab Mitte des 16. Jahrhunderts evangelisch. Das Zisterzienserinnenkloster wurde aufgelöst und 1572 mit dem Kloster St. Klara in Wien vereinigt. Das an seiner Stelle im Zuge der Rekatholisierung ab 1631/1632 errichtete Franziskanerkloster wurde unter Joseph II. aufgehoben (1783/1784). Heute ist das ehemalige Klostergebäude Teil der weitläufigen Anlage des Therapiezentrums Ybbs.

Ab 1637 war Ybbs zwar Anlegestelle für den regelmäßigen Schiffsverkehr zwischen Wien und Regensburg, doch wurden im 18. Jahrhundert die Mautrechte aufgehoben (1726 Maut, 1783 Weinmaut). Während die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Dreißigjährigen Krieg stagnierte, erlebte die Musikkultur im 17. und 18. Jahrhundert in Ybbs eine besondere Blüte. 1762 gab der sechsjährige Wolfgang Amadeus Mozart im Kloster ein Gastspiel. Die „Mozart-Orgel" gelangte 1789 in die Pfarrkirche von Gaming.

Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Ybbs eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde mit 1. Jänner 2014 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Melk zugewiesen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlor die Stadt auf Grund der fehlenden Anbindung an die Westbahn an Bedeutung. Die Handelsfunktionen gingen an Amstetten über. Ab 1892 erfolgte die Überfuhr mit einem Dampfschiff, ab 1898 bis zur Fertigstellung der Donaubrücke 1858 verkehrte eine Rollfähre. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ybbs mit dem in den Jahren 1954 bis 1959 erbauten Großkraftwerk Ybbs-Persenbeug zu einem viel besuchten Symbol des Wiederaufbaus und Wirtschaftsaufschwungs.

Vom Reichtum und Selbstbewusstsein der alten Handelsstadt an der Donau zeugen die zahlreichen, im Zuge der Altstadtsanierung renovierten Patrizierhäuser, die alten Einkehrgasthöfe sowie das reich ausgestattete ehemalige Schiffmeisterhaus, das 1840 in den Besitz des legendären Reeders Matthias Feldmüller kam, der den Titel „Admiral der Donau" führte.