Abt Gottfried Johann Georg Bessel


*5.9.1672 bis †22.1.1749

Biographie

Gottfried Johann Georg Bessel, Wissenschaftler, Diplomat und Bauherr der barocken Anlage des Stiftes Göttweig, war einer der bedeutendsten Äbte seiner Zeit (1714-1749). Unter ihm wurde das Stift zu einem wissenschaftlichen Zentrum des Landes. Bis heute bekannt ist er auch als Verfasser des so genannten "Chronicon Gotwicense" (1732), einer Geschichte Göttweigs, die wegen der exakten Urkundenforschung für die Wissenschaftsgeschichte von größtem Wert ist und eine wertvolle Quelle für Geschichte und Geographie des Mittelalters darstellt.

Gottfried Bessel wurde im badischen Buchen als Sohn eines kurfürstlichen Offiziers geboren und studierte in Aschaffenburg, Bamberg, Würzburg und Salzburg. 1692 in das Kloster Göttweig eingetreten, verließ er es schon 1696 auf Grund von Streitigkeiten wieder. Im selben Jahr empfing er die Priesterweihe und wurde Lehrer an der Klosterschule in Seligenstadt am Main. Der Erzbischof und Kurfürst von Main, Lothar Franz von Schönborn, sandte ihn mit diplomatischen Aufträgen nach Wien, Rom und Wolfenbüttel und ernannte ihn 1704 zum Mainzer Generalvikar. Unter seinem Einfluss konvertierten 1707 die Prinzessin Elisabeth Christine von Braunschweig und 1710 auch ihr Großvater, Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg, zum katholischen Glauben. 1710 wurde Bessel wieder in Göttweig aufgenommen, 1714 zum Abt gewählt und 1716 vom Kaiser zum Hoftheologen ernannt, außerdem war er Rektor der Universität Wien (1714-1726).

Als Abt förderte er vor allem wissenschaftliche Forschungen im Kloster Göttweig. Unter seiner Ägide wurde nach einem Brand der barocke Neubau des Klosters 1718 begonnen. Als Kenner der Grafik seiner Zeit legte er eine umfangreiche Kupferstichsammlung von etwa 20.000 Stücken an: aus der deutschen Schule Arbeiten von Martin Schongauer, Lukas Cranach, Albrecht Dürer und anderen, dazu rund 4000 Stiche aus der niederländischen sowie 3000 Grafiken aus der italienischen Schule. Daneben erwarb er zahlreiche Bücher, in denen Holzschnitte, Kupferstiche und Federzeichnungen zusammengebunden waren. Unterstützt wurde er bei seiner Sammeltätigkeit von seinem in Rom lebenden Bruder Franz, selbst ein eifriger Sammler, der ihm auch seinen Besitz vermachte. Bessel ließ sich selbst vom Zeichner und Kupferstecher Martin Bernigeroth porträtieren. Mit Stichen des Klosters beauftragte er 1719 den Kupferstecher und Architekten Salomon Kleiner, der nicht nur den grandiosen Bauplan Lukas von Hildebrandts schuf, sondern auch fünf Ansichten des Stiftes, wie es künftig - aus verschiedenen Himmelsrichtungen betrachtet - aussehen sollte. Weitere Arbeiten Kleiners waren Innenansichten des Kunstkabinetts sowie die Darstellung des Holzaufzugs und der Wasserleitungen des Stiftes. Für die Unterbringung dieses Kunstkabinetts ließ Abt Bessel im ersten Stock des Südost-Turms eine Turmstube einrichten. Er starb 1749 in Göttweig.