Spitz (Burgruine Hinterhaus)


Gemeinde Spitz

Ortsgeschichte

Der Markt Spitz, einer der Hauptorte der Wachau, liegt in einem weiten Bogen um den frei stehenden, kegelförmigen Burgberg, den - wegen des reichen Ertrags seiner Rieden - so genannten „Tausendeimerberg".

Die Anfänge der bedeutenden Weinbaugemeinde reichen bis in das beginnende 9. Jahrhundert zurück. 830 wird das Gebiet von Spitz bereits urkundlich genannt, als König Ludwig der Deutsche dem Kloster Niederaltaich in Bayern die Schenkung des Ortes, der Wahowa genannt wird (id est locum, qui nuncupatur Uuahouua), durch Karl den Großen bestätigte. Diese war Grundlage für die spätere Niederaltaicher Lehensherrschaft in Spitz.

Der Ortsname Spizze taucht im 12. Jahrhundert auf und wird 1148 urkundlich erstmals genannt. Wahrzeichen der aufstrebenden Gemeinde, deren Bewohner schon Ende des 13. Jahrhunderts als „Bürger" bezeichnet werden (1285/1286) und die 1347 als Markt urkundlich dokumentiert wird, ist die mächtige, Ende des Mittelalters spätgotisch ausgebaute Pfarrkirche St. Mauritius mit ihrem ungewöhnlichen, um 20 Grad gegen Norden abgeknickten Chor. Die erstmals 1163 erwähnte Kapelle gehörte zunächst zur Mutterpfarre St. Michael, wurde 1222/1225 selbstständige Pfarre und in der Folge dem Kloster Niederaltaich inkorporiert (1238-1803). Zu ihren wertvollsten Ausstattungsstücken gehören die geschnitzten Christus- und Apostelfiguren aus dem  14. Jahrhundert, ein im 1520 im Stil der Donauschule geschaffenes Kruzifix und das Hochaltarbild des Kremser Schmidt („Marter des hl. Mauritius", 1799).

Das Kloster Niederaltaich gab den Großteil seines Besitzes in Spitz ab 1242 den bayerischen Herzögen zu Lehen, die ihrerseits einen Teil an prominente Adelsgeschlechter weitergaben, zunächst an die Kuenringer, im 14. Jahrhundert an die Wallseer und Maissauer (ab 1385) und im 15. Jahrhundert an die Neidegger (vor 1440). Danach verwalteten Pfleger den Besitz.

Herrschaftszentrum des bayerischen Lehensbesitzes war bis ins 16. Jahrhundert das 1243 erwähnte castrum in monte, die Burg auf dem Berg, die das „obere" oder „hintere" Haus genannt wurde, heute die Ruine Hinterhaus. Im Laufe des 13. Jahrhunderts entstand im Ort eine zweite Burg, das „vordere" oder „untere" Haus bzw. Niederhaus, das spätere Schloss. Beide Burgen werden erstmals 1285 erwähnt und waren damals im Besitz der Kuenringer als Lehensträger der bayerischen Herzöge. Das Verwaltungszentrum des Klosters Niederaltaich war der 1147 erworbene Erlahof außerhalb des Marktes am Spitzer Bach, dessen Name von den Vorbesitzern Hermannus et Pertholdus de Erla herrührt. Das Anwesen diente bis 1803 als Wirtschafts- und Lesehof sowie als Sommerresidenz der Äbte und wurde im 17. und 18. Jahrhundert barock ausgebaut.

Im 15. Jahrhundert wurde Spitz mehrfach belagert. 1409 wurden beide Burgen zerstört und zunächst nur Burg Hinterhaus wieder errichtet. 1463 wurde die Burg erneut belagert, doch diesmal vergeblich. 1491 wurde sie von ungarischen Truppen eingenommen.

1504 erreichte Kaiser Maximilian I. die Abtretung der bayerischen Herrschaftsrechte über Spitz an die österreichischen Landesfürsten - Spitz wurde „österreichisch". Burg Hinterhaus blieb nach dem Ende der bayerischen Herrschaft unbewohnt, wurde aber, vermutlich als Reaktion auf die Osmaneneinfälle, in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts neu befestigt. Herrschaftssitz wurde das wieder aufgebaute Schloss Niederhaus, das die Funktion der Burg übernahm. Die heutige Schlossanlage geht auf den Renaissance-Neubau unter den Herren von Kirchberg und den Kuefstein in der zweiten Hälfte des 16. und des frühen 17. Jahrhunderts zurück. Besonders unter den Kuefstein war Spitz ein Zentrum der Reformation. Der Markt wurde daher 1620 von kaiserlichen Truppen geplündert, Schloss und Burg zerstört. Die 1613 erbaute evangelische Schlosskirche, der so genannte „Judentempel", ist nur als Ruine erhalten. Im Gegensatz zum Schloss wurde die Burg Hinterhaus vermutlich nicht mehr instand gesetzt. Nach weiteren Zerstörungen in den Franzosenkriegen 1805 und 1809 verfiel sie zur Ruine.

Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert waren die Grafen bzw. Fürsten von Dietrichstein Inhaber der Herrschaft Spitz (1674-1848). 1871 gelangten Burg und Schloss an den Wiener Bürgerspitalsfonds, später war die Burg im Besitz des Kriegsgeschädigtenfonds und der Österreichischen Bundesforste, das Schloss gehörte der Gemeinde Wien. Heute sind beide Anlagen Eigentum der Marktgemeinde Spitz. Die wertvolle Burgruine mit ihren hochmittelalterlichen Bauteilen (Bergfried, Palas) wird vom Verkehrsverein Spitz betreut und baulich gesichert. Der Bergfried wurde als Aussichtswarte ausgebaut, als Zugang dient teilweise noch heute die romanische Stiegenanlage. Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Spitz eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde am 1. Jänner 1992 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Krems an der Donau zugewiesen. 

Von der jahrhundertelangen Bedeutung des einst befestigten Marktes als Weinort und Donauhandelsplatz, in dem vom 15. bis 17. Jahrhundert auch eine große Judengemeinde lebte, zeugen der im Kern aus dem 15. Jahrhundert stammende Pfarrhof, ein stattlicher Barockbau, das ursprünglich gotische Bauensemble aus Rathaus und Bürgerspital sowie zahlreiche freskenverzierte Winzerhöfe. Im schlossartigen Erlahof, seit 1944 in Gemeindebesitz, wurde 1970 das Schifffahrtsmuseum eingerichtet, das die historische Bedeutung von Spitz für den Donauverkehr dokumentiert.