Waidhofen an der Ybbs


Gemeinde Waidhofen an der Ybbs

Absetzung des evangelischen Stadtrats 1587

Schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts waren etliche Waidhofener nach Wittenberg gegangen, der Prominenteste unter ihnen war Paul Rebhun. Als 1559 Wolf Ebenperger das Stadtschreiberamt übernahm und der aus Rosenheim in Bayern stammende Pfarrer Adam Edlinger in der Stadtpfarre die lutherische Lehre einführte, bildeten sich in der Stadt zwei Parteien. Die im Rat vertretenen Bürger - reiche Handelsherren unter der Führung Ebenpergers - bekannten sich zum evangelischen Bekenntnis und strebten nach einer Loslösung vom Stadtherrn, dem Bischof von Freising. Die katholische Partei bestand vorwiegend aus den bisher nicht im Rat vertretenen Handwerkern.
Als der Stadtrat 1579 das Versammlungsverbot für Handwerker durchsetzte und gleichzeitig von katholischer Seite verstärkt gegenreformatorische Maßnahmen gesetzt wurden, kam es zu immer härteren Konfrontationen. 1585 forderte Erzherzog Ernst vom Stadtrat die Ausweisung der evangelischen Prädikanten, ein Jahr später wurde diese Forderung von einer Kommission des Bischofs von Freising wiederholt, die aber vertrieben wurde. Daraufhin setzten landesfürstliche und bischöfliche Kommissäre 1587 gemeinsam den Stadtrat ab, inhaftierten einige Ratsherren im Schloss und setzten am 26. September 1587 einen neuen Rat ein, der überwiegend aus Handwerkern bestand. Die abgesetzten Stadträte wurden wegen Aufwiegelung der Gemeinde zu bewaffnetem Aufruhr, Missachtung der Verordnungen der Kommissionen und Missbrauch der Amtsgewalt zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Etliche Räte, darunter Wolf Ebenperger, sollten des Landes verwiesen werden, Ebenperger hatte überdies die Hälfte der gesamten Strafsumme zu erlegen. Er wurde schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 9. Mai 1588 wurde das Urteil vor dem abgesetzten Rat verkündet, was auf einem zeitgenössischem Bild im Waidhofener Stadtmuseum dargestellt ist. Wolf Ebenperger überlebte die Verurteilung nur zwei Jahre, er starb 1590.
(Quelle: Landeschronik Niederösterreich, 2. Aufl. 1994, S. 182)