Gloggnitz


Gemeinde Gloggnitz

Ortsgeschichte

Die Entwicklung der Stadtgemeinde Gloggnitz am Fuß des Semmerings ist engstens mit der um 1100 gegründeten Benediktinerpropstei Gloggnitz verbunden. Die weithin sichtbare „Klosterburg" auf dem Schlossberg (Schloss Gloggnitz) ist bis heute das Wahrzeichen der Stadt.

Die Anfänge von Gloggnitz reichen in das 11. Jahrhundert zurück. Am Gloggnitzbach (später Weißenbach) entstand eine gleichnamige Siedlung, die zu den Pittener Besitzungen der Grafen von Formbach gehörte und spätestens für das Jahr 1094 urkundlich nachweisbar ist. In diesem Jahr schenkte Graf Ekbert I. von Formbach der von ihm gegründeten bayerischen Benediktinerabtei Vornbach am Inn etliche Güter in seinem Herrschaftsbereich zwischen Semmering und Piesting. Die im Vornbacher Traditionskodex überlieferte Schenkung umfasste auch einen Grund in der Nähe des Gloggnitzbaches für eine Klosterzelle, zu deren Ausstattung auch eine halbe Hube in der Ortschaft Glocniza gehörte.

Aus dieser vermutlich bis 1109 errichteten Klosterzelle - die einzige frühe geistliche Kommunität im Gebiet südlich der Piesting - entstand im Laufe des 12. Jahrhunderts die Propstei Gloggnitz, die als Grundherrschaft und Pfarre für die zentralörtliche Entwicklung des Ortes von entscheidender Bedeutung war. Die Propstei blieb zwar immer eine Expositur des bayerischen Mutterklosters, erlangte aber schon im 14. Jahrhundert weitgehende Selbstständigkeit, die sich nicht zuletzt in einer regen Bautätigkeit dokumentierte. Durch die spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Ausbauten wurde aus der einstigen Klosterzelle eine mit Ringmauer, Wall und Gräben befestigte Klosterburg mit der Pfarrkirche Maria Schnee in der Mitte. Seit 1335 führte der Propst ein eigenes Siegel mit dem aus dem Ortsnamen abgeleiteten Glocken-Wappen. Die ursprünglich slawische Namensbedeutung „glucksender Bach" (Klokotníca) dürfte nicht mehr bekannt gewesen sein. Das Wappen ist auch in dem berühmten „Gloggnitzer Urbar" abgebildet, ein im Jahr 1334 angelegtes Besitzverzeichnis des Klosters Vornbach, in dem auch der Gloggnitzer Güterkomplex genau vermerkt ist. Zu dieser Zeit war bereits die gesamte Ortschaft unterhalb des Schlossbergs Teil der Propsteiherrschaft.

Aus dem Dorf entwickelte sich im Spätmittelalter eine Marktsiedlung mit der 1313 erstmals genannten St. Othmarkapelle sowie Handwerksbetrieben. 1556 wird Gloggnitz erstmals Markt genannt. Grundlage des Aufschwungs war neben der Lage an der Semmeringstraße - dem wichtigsten Handelsweg zwischen Venedig und Wien - vor allem der Weinbau, der seine größte Bedeutung im 16.  Jahrhundert erreichte. Um 1600 war sogar ein eigenes Gloggnitzer Weinmaß gebräuchlich. Abnehmer waren unter anderem Klöster im bayerischen Raum. Ein Jahrmarktsprivileg erhielt Gloggnitz allerdings erst im Jahr 1819 unter Kaiser Franz I. 

Eine bis ins Mittelalter zurückreichende Tradition hatte auch der Bergbau. Um 1600 wurde am Silbersberg nach Silber und Kupfer geschürft, im 19. und 20. Jahrhundert in Enzenreith Braunkohle abgebaut.

Mit der Aufhebung der Propstei Gloggnitz (gemeinsam mit der Abtei Vornbach) im Jahr 1803 endete die Zeit der geistlichen Grundherrschaft. Die im 18. Jahrhundert barockisierte  Klosteranlage wurde verweltlicht und zu einem „Schloss", das zunächst in Staats-, dann Privatbesitz war und seit 1928 im Besitz der Stadt Gloggnitz ist. Nach umfangreichen Renovierungen in den 1980er Jahren wurde es zu einem Museum umgestaltet und beherbergte 1992 die NÖ Landesausstellung „Die Eroberung der Landschaft".

Während ab dem 18. Jahrhundert der Weinbau unbedeutend wurde, setzte durch Nutzung der Wasserkraft und Ausbau des Verkehrsnetzes im 19. Jahrhundert die Industrialisierung ein. 1842 wurde die Südbahn Wien-Gloggnitz eröffnet, 1854 die Semmeringbahn. Zu den frühen Industriebetrieben gehörten ein Eisenwerk in Aue (1785) und eine Bleiweißfabrik in Gloggnitz (1800). Im 19. Jahrhundert entstanden Mühlen, Sägen und Hammerwerke, dominierend wurde schließlich die Papier- und Textilproduktion. 

Größte Bedeutung für Gloggnitz hatte seit jeher die allerdings nicht auf dem Gemeindegebiet liegende Papierfabrik Schlöglmühl in Schmidsdorf (Gem. Payerbach), eine der größten Papierfabriken der Monarchie, in der ein großer Teil des Papiers für die Staatsdruckerei (Banknoten, Wertpapiere, Briefmarken usw.) hergestellt wurde. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bestanden in Eichberg Magnesitwerke. Als weiterer Wirtschaftszweig etablierte sich nach der Fertigstellung der Semmeringbahn der Sommerfremdenverkehr, der seinen Höhepunkt zwischen 1890 und 1930 erreichte.

Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Gloggnitz eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde mit 1. Jänner 2014 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Neunkirchen zugewiesen. Aufgrund der Entwicklung des einst agrarisch orientierten Marktes zum wirtschaftlichen Zentrum des Oberen Schwarzatals wurde Gloggnitz am 20. Oktober 1926 zur Stadt erhoben. Mit der vom Architekten Clemens Hofmeister entworfenen und 1962 fertig gestellten Pfarrkirche Christkönig erhielt die Stadt auch ein modernes geistliches Zentrum.

Zu den prominentesten Gloggnitzern gehören zwei Bundespräsidenten: Michael Hainisch, der erste Bundespräsident der Republik, wurde in Aue geboren und ist auch in seiner Heimatgemeinde begraben. Karl Renner lebte mehr als 40 Jahre in Gloggnitz; in seiner Villa wurde ein Museum eingerichtet.