Hainburg an der Donau


Gemeinde Hainburg a. d. Donau

Ortsgeschichte

Die östlichste Stadt Österreichs liegt eingebettet zwischen der Donau im Norden, dem Braunsberg im Nordosten und den Hundsheimer Bergen im Süden. Durch diese geschützte Sonderlage gibt es eine bis in die Jungsteinzeit zurückreichende Siedlungstradition. Im 2. Jahrhundert errichteten die Kelten auf dem schon in der Bronzezeit besiedelten Braunsberg eine befestigte Höhensiedlung, deren rekonstruierte Teile ein weithin sichtbares Zeichen in der Landschaft bilden. Entscheidend für die städtische Entwicklung Hainburgs wurde - in der Nachfolge Carnuntums - die verkehrsstrategische bedeutsame Lage an der Donau. Der südliche Donautalweg - die alte Heer- und Handelsstraße nach Pressburg - kreuzte sich hier mit der alten europäischen Nord-Süd-Verbindung der Bernstraße. Nur im Raum Hainburg gab es auf einer Strecke von 200 km flussabwärts ab Wien natürliche Donauübergänge.

Die Anfänge und der Name der Stadt sind mit der „Heimenburg" verbunden. Sie wurde um 1000 ursprünglich auf dem Deutsch-Altenburger Felssporn „Am Stein" vermutlich von einem Heimo (?) errichtet und anlässlich ihrer Zerstörung im Zuge der Ungarnkriege Kaiser Heinrichs III. im Jahr 1042 erstmals urkundlich als „Heimenburg" genannt. In den folgenden Jahrzehnten wurde sie auf den Schlossberg von Hainburg verlegt, von wo aus die Pressburger und Thebener Donaufurten leichter zu kontrollieren waren. Umstritten ist allerdings die genaue Datierung der Translokation. Während in der älteren Forschung die Wiedererrichtung der Burg „Am Stein" und eine Verlegung um 1060/70 angenommen wurde (Klebel), wird heute der Neubau auf dem Hainburger Schlossberg bereits um 1050 in Betracht gezogen. Aufgrund der Zerstörung der Bodendenkmäler „Am Stein" durch den Steinbruch liegen allerdings derzeit keine gesicherten Erkenntnisse zur Entstehung Hainburgs vor.

Burg und Siedlung entwickelten sich zum historischen „Tor zum Osten", sowohl Grenzfeste als auch Drehscheibe zwischen West- und Osteuropa (1189 erstmals introiutus Ungariae, porta hungarica). Als Herrschaftsträger konnten sich im 11. Jahrhundert Gefolgsleute der Vohburger durchsetzen. Durch deren Übertreten in die Gefolgschaft der Babenberger unter Leopold V. (1177-1194) wurde Hainburg landesfürstlich. Die „Heimenburg" war Mittelpunkt eines ausgedehnten, bis zur Leitha reichenden Burg- und Pfarrbezirks. Unterhalb des Schlossberges entstand auf der Hochterrasse eine Burgsiedlung, deren ältester Kern die nicht mehr erhaltene Marienkirche bzw. später St. Martinskirche im nordwestlichen Volksschulbereich bei der Freiungsstraße bildete. Kristallisationspunkt der Stadtentwicklung war der Kirchhof, der als Friedhof, Markt, Gerichts- und Versammlungort diente. Der bedeutendste Produktionszweig war von Beginn an der Weinbau, der in Verbindung mit dem überregionalen Fernhandel bald zum wirtschaftlichen Aufschwung und zu einer Verlagerung des Zentrums auf die Niederterrasse Richtung Donau führte.

Ab etwa 1200 erfolgte daher eine planmäßige Stadterweiterung mit der Anlage eines rechteckigen Marktplatzes und der 1236/41 erstmals genannten St. Jakobskirche (heute Hauptplatz mit Stadtpfarrkirche), mit einer neuen Haupstraße und einem rasterförmigen Straßennetz. Auch das alte Zentrum auf der Hochterrasse wurde im 13. Jahrhundert neu erbaut (Kirche nun mit Martinspatrozinium und Karner). Ein Bauwerk von europäischem Rang ist die weitgehend in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtete Stadtbefestigung, die mit ihren Türmen und Toren die vollständigste und monumentalste erhaltene Befestigungsanlage dieser Zeit in Mitteleuropa ist (bis zu 10 m hoch, über 2 m stark, ursprünglich 15 Türme). Sie soll aus dem Lösegeld für Richard Löwenherz ab 1194 finanziert worden sein. Orientiert an westeuropäischen Beispielen und der Kreuzfahrerarchitektur, umgibt sie unter Einbeziehung der Burg die Stadt vom Schlossberg bis zur Donau und sperrt den Uferbereich. Zum Wahrzeichen Hainburgs wurde das um 1230/40 errichtete Wiener Tor, ein überaus repräsentativer Torbau mit Buckelverkleidung, der als das bedeutendste österreichische Stadttor des 13. Jahhrunderts gilt. Mit dem Wiener Tor und dem zur selben Zeit errichteten Ungartor auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt war die Hauptbauphase der Befestigung zunächst abgeschlossen.

Einen Höhepunkt erreichte die Stadtentwicklung unter König Ottokar II. Přemysl von Böhmen, seit 1251 österreichischer Landesfürst, durch dessen Ungarnpolitik Hainburg besondere strategische Bedeutung erhielt und zum Schauplatz großer politischer Ereignisse wurde (z. B. Verhandlungen mit den Ungarnkönigen). Ottokar hielt hier öfter Hof, als ein Landesfürst vor oder nach ihm. In der Burgkapelle heiratete er 1252 Herzogin Margarethe, die Schwester des letzten Babenbergerherzogs. In seiner Zeit erfolgte der Ausbau der Burg, die Fertigstellung der St. Martinskirche sowie um 1270 die Verstärkung der Toranlagen, insbesondere des Wiener Tors, das 1272 erstmals als porta winense urkundlich genannt wird. Der Torbau wurde um zwei Wehrgeschoße aufgestockt, wobei der Torweg durch eine bautechnisch kühne Spitzbogenkonstruktion überhöht wurde. Heute ist im Wiener Tor das Stadtmuseum untergebracht (www.wienertor.at.)

Beim Wiener Tor in der Nordwestecke der Stadtbefestigung wurde das im Spätmittelalter bedeutende Minoritenkloster eingerichtet. Hainburg blieb Ottokar stets treu ergeben und war daher am Ende seiner Herrschaft einer seiner wenigen sicheren Stützpunkte. Nach dem Sieg König Rudolfs I. über den Böhmenkönig 1278 wurde die Stadt habsburgisch.

Im frühen 14. Jahrhundert gelang den Stadtbürgern, gestützt auf zwei zwischen 1308 und 1314 verliehene Privilegien Friedrichs des Schönen, die Loslösung von der Burgherrschaft und die Bildung einer eigenständigen Kommune. 1308 werden erstmals Stadtrichter und Geschworene genannt, fünf Jahre später Stadträte. Auch das Stadtsiegel ist für diese Zeit das erste Mal belegt (1. Siegelabdruck 1308). Vom Aufstieg der Bürger zeugt eine verdichtete und qualitätsvolle urbane Bebauung im Bereich Marktplatz (Hauptplatz) und Hauptstraße sowie am Donauufer außerhalb der Stadtmauer (Stetten), wo sich die besonders privilegierten Hainburger Fischer etablieren konnten. Einen großen Anteil an der bis Anfang des 15. Jahrhunderts dauernden Blüte des Bürgertums hatte auch die 1320 erstmals belegte Judengemeinde, deren großteils noch erhaltene Synagoge zu den seltenen Beispielen spätmittelalterlicher Synagogenarchitektur gehört.

Im 15. Jahrhundert kam es aufgrund vielfältiger Faktoren - u. a. die habsburgische Verpfändungspraxis, Vertreibung der Judengemeinde 1420, Ungarnkriege und die Eroberung durch Matthias Corvinus 1482, Niedergang des Donauhandels infolge der osmanischen Expansion - bereits zu einer Schwächung der Finanzkraft der Stadt. Die Verwüstungen des Hinterlands durch osmanische und kaiserliche Truppen in den 1540er Jahren und die Umgehung der Stadt durch eine südlichere Handelsroute (über Prellenkirchen und Kittsee) führten im 16. Jahrhundert zum wirtschaftlichen Niedergang, 10 bis 15 Prozent des Stadtgebietes verödeten. Die Belastungen durch die jahrelange Stationierung der kaiserlichen Truppen im Dreißigjährigen Krieg, ein Stadtbrand (1634), Pestepidemien, Missernten und Hungersnöte veranlassten viele Bürger, die Stadt zu verlassen. Die Stadt galt im 17. Jahrhundert als arm, trostlos, ruiniert und öde. Schrecklicher Endpunkt der Entwicklung war die Eroberung durch die Osmanen 1683, die die Stadt zerstörten und ein Blutband anrichteten. Etwa 90 Prozent der ansässigen Bevölkerung wurden getötet oder verschleppt.

Der Niedergang der Stadt spiegelte sich sowohl im Zustand der Burg als auch der einst monumentalen Stadtpfarrkirche St. Martin wider. Die bereits 1501 als baufällig bezeichnete Burg wurde im 16. Jahrhundert zwar von den jeweiligen Pfandinhabern - darunter Wilhelm von Zelking, Reimprecht von Ebersdorf, Wilhelm Gienger, Hanns Trautson, Wolf Unverzagt - immer wieder instand gesetzt und ausgebaut, verfiel aber schließlich nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg und im Türkenjahr 1683. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde der Herrschaftssitz an den Fuß des Schlossbergs verlegt („Neues Schloss", 1757-1767). Seit 1978 ist die restaurierte Burgruine Schauplatz der "Burgspiele Hainburg". Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Hainburg an der Donau eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde mit 1. Juli 2002 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Bruck an der Leitha zugewiesen. 

Die ebenfalls baufällig gewordene St. Martinskirche stürzte um die Mitte des 17. Jahrhunderts ein, die Pfarrfunktion übernahm die St. Philipps- und Jakobskirche auf dem Hauptplatz. Der einzig größere Neubau des 17. Jahrhunderts war das ab 1677 östlich des Marktplatzes errichtete Franziskanerkloster (Klosterplatz). Die Franziskaner hatten durch die Errichtung einer Tuchmanufaktur (1702) einen wichtigen Anteil an der zunächst von der Tuchfabrikation und dem Tuchhandel getragenen Frühindustrialisierung Hainburgs. Zum Motor und Symbol des wirtschaftlichen Aufschwungs wurde aber die 1723 durch den Hofkammerrat Boussart gegründete Tabakmanufaktur. Sie wurde im ehemaligen Minoritenkloster - nach Vertreibung der Minoriten 1525 kaiserliches Proviant- und Zeughaus - errichtet und 1784 unter Kaiser Joseph II. verstaatlicht (Monopol). Die rasch expandierende Fabrik (bis 1938 „Österreichische Tabakregie", nach 1945 „Austria Tabak AG") wurde in mehreren Gebäuden untergebracht, die teilweise bis heute das Ortsbild prägen, so das in klassizistischen Formen 1821 bis 1840 errichtete Blattmagazin im aufgelassenen Franziskanerkloster (aufgehoben 1787) und das 1846/47 für die Zigarrettenproduktion errichtete sog. Donaugebäude (heute „Kulturfabrik"). Durch die industrielle Entwicklung sowie die Funktion Hainburgs als Garnisonort seit 1810 erfolgte ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Besiedlung der Gebiete östlich, südöstlich und südwestlich der Stadt, wo Einfamilien- und Reihenhäuser sowie Wohnhausanlagen entstanden. Der Bau der Pressburger Bahn 1914 führte zur Intensivierung der alten ökonomischen und kulturellen Verbindungen zu Pressburg, die allerdings bereits nach dem Ersten Weltkrieg durch die Grenze zur Tschechoslowakischen Republik nur mehr eingeschränkt funktionierten und nach 1948 durch den „Eisernen Vorhang" gänzlich abrissen. Hainburg führte jahrzehntelang ein von Isolation und wirtschaftlichem Niedergang geprägtes Grenzstadt-Dasein. Einen leichten Aufschwung brachte die 1973 eröffnete Donaubrücke, die das südliche Marchfeld erschloss. Erst durch die Grenzöffnung 1989 rückte Hainburg wieder vom Rand in die Mitte Europas.

Im Dezember 1984 stand Hainburg kurzzeitig österreichweit im Mittelpunkt des politischen und medialen Interesses. Mit der friedlichen Besetzung der Stopfenreuther Au wurde erfolgreich gegen ein geplantes Donaukraftwerk protestiert. Eine Folge der Aufsehen erregenden Au-Besetzung war die Gründung des Nationalparks Donau-Auen im Jahr 1996 auf dem Hainburger Schlossberg (www.donauauen.at).

Architektonisches Symbol für die neuen touristischen und wirtschaftlichen Chancen der Stadt als Schnittpunkt zwischen Ost und West ist die in eine „Kulturfabrik" umgewandelte ehemalige Tabakfabrik an der Donau. Der schlossartige Industriebau des 19. Jahrhunderts wurde renoviert und dient seit 2007 als Ausstellungs- und Veranstaltungszentrum sowie als archäologisches Depot des Landes Niederösterreich (www.kulturfabrik-hainburg.at).