Biographie
Melchior Klesl (auch Khlesl) war der "Motor" der Gegenreformation in Niederösterreich. Er wurde in Wien als Sohn eines evangelischen Bäckers geboren und während seines Philosophiestudiums vom Jesuiten Georg Scherer zum Katholizismus bekehrt. Als junger Theologe wurde er zum eifrigen Verfechter der katholischen Sache, war ein guter Prediger und stellte sich den evangelischen Geistlichen in vielen Disputationen. Noch als Diakon wurde er vom Kaiser 1579 zum Dompropst von St. Stephan und Kanzler der Universität Wien ernannt, erst zwei Monate später erfolgte die Priesterweihe. Schon im folgenden Jahr berief ihn der Bischof von Passau zum Offizial (Generalvikar) des niederösterreichischen Teils der Diözese mit Sitz in Wien. 1588 wurde er auch mit der Administration des kleinen Bistums Wiener Neustadt betraut, 1590 ernannte ihn der Kaiser zum Generalreformator. Als er 1598 auch Administrator von Wien wurde, war er geistliches Oberhaupt fast aller Pfarren im Land. Die Bischofsweihe sollte er allerdings erst 1614 in Kremsmünster empfangen. 1616 nahm ihn Papst Paul V. als ersten Wiener Bischof in das Kardinalskollegium auf. Seit 1599 war er zudem Kanzler des Erzherzogs Matthias, des kaiserlichen Statthalters Ober- und Niederösterreichs.
Mit größtem Einsatz widmete sich Klesl der radikalen Bekämpfung des Luthertums. Angeblich soll er bei seinem Amtsantritt als Offizial nur fünf gut verwaltete katholische Pfarren vorgefunden haben. Er bereiste die Pfarren, setzte Priester ab und neue ein, rekatholisierte die Wiener Universität, wo nur mehr Katholiken zur Promotion zugelassen wurden, sorgte für Verbote lutherischer Schriften und Prädikanten und förderte die Etablierung zahlreicher Orden. Sonntäglicher Kirchgang, Beichte und Kommunion wurden zur Pflicht gemacht. Ein besonderes Anliegen war ihm vor allem die Rückführung der Städte und Märkte zum Katholizismus, die er auch unter Einsatz äußerer Druckmittel erfolgreich durchführte, unter anderem in Bruck an der Leitha, Baden, Hainburg, Retz und gegen große Widerstände in Krems und Stein sowie in Waidhofen an der Ybbs. Auch in Wien erzielte er zwischen 1585 und 1588 große Erfolge, wobei er sich aller verfügbaren Mittel - von Überzeugungsarbeit bis zur Gewalt - bediente.
Als Erzherzog Matthias 1612 Kaiser wurde, war Klesl die führende Persönlichkeit im "Geheimen Rat" und als Berater und Kanzler des Kaisers der eigentliche Leiter der Regierungsgeschäfte - im Volksmund nannte man ihn den "Vizekaiser". Als Realpolitiker verfolgte er einen gemäßigten kirchenpolitischen Kurs und war sowohl im Reich als auch gegenüber den böhmischen Ständen auf Ausgleich mit den Protestanten bedacht, um sie für einen Krieg gegen die Osmanen zu gewinnen. Seine Macht und sein selbstbewusstes Auftreten machte ihn allerdings im Herrscherhaus zunehmend unbeliebt. Nach dem "Prager Fenstersturz" 1618 trat er für Verhandlungen mit den böhmischen Ständen ein und geriet in Konflikt mit der Kriegspartei um den künftigen Kaiser Ferdinand II. Er wurde verhaftet und zunächst nach Georgenberg in Tirol und später nach Rom gebracht, wo er in der Engelsburg inhaftiert wurde und sich vor dem päpstlichen Gericht verantworten musste. Sein erhebliches Vermögen wurde bei seinem Sturz konfisziert und zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsführung verwendet. Nach seiner Freilassung 1623 kehrte er 1627 nach Wien zurück, wo er, wieder rehabilitiert, bis zu seinem Tod ohne politischen Einfluss als Bischof tätig war. Er wurde in St. Stephan in Wien beigesetzt, sein Herz übertrug man in den Dom von Wiener Neustadt, wo ein Denkmal an ihn erinnert.